Nachruf auf Gustav Keßler (1904)

Gustav Keßler

Am Freitag den 29. Juli, ist unser treuer Freund und Mitkämpfer, Genosse Gustav Keßler, infolge eines voraus­ge­gan­genen Schlag­an­falls durch einen schmerz­losen Tod im Alter von 72 1/2 Jahren aus unserer Mitte gerissen.

Ein schmerz­licher Verlust für unsere Zentra­li­sation, sowie die kämp­fe­rische Arbeiter­schaft, für die sozial­de­mo­kra­tische Partei im allge­meinen.

Unser „Alter“ war eine Kampfes­natur und Organi­sator auf politi­schem sowie gewerk­schaft­lichem Gebiete, mit einer nie versa­genden Kraft und zäher Ausdauer.

Unendlich frucht­bringend war seine münd­liche und schrift­liche Arbeit, welche er für die Arbei­ter­partei geleistet hat, und haben wir ihm deshalb wir ihm deshalb vieles zu danken.

Als vor 20 Jahren der „Alte“ zu uns kam, hatte er bis dahin andere Luft geatmet, hatte mit anderen Gesell­schafts­klassen enge Fühlung gehabt. Sein revolu­tio­närer Charakter lies es aber nicht zu, noch länger in jenen Reihen zu weilen.

Kurz entschlossen, wie in allen seinen Handlungen, kündigte er der damaligen Fortschritts­partei, – bei welcher in Berlin W. eine führende Rolle einnahm –  die Freund­schaft, um seine Kraft und Tätigkeit im Dienste unserer Partei späterhin zu erproben.

Es war im Jahre 1888, als das Gewerk­schafts­leben seine Tätigkeit nach kurzer Pause (infolge des Ausnah­me­ge­setzes) wieder einsetzte. Und waren es haupt­sächlich die Bauhand­werker, welche besonders rege Tätigkeit auf diesem Gebiete entfal­teten.

Die Berliner Maurer, Töpfer, Stein­metzen und andere Berufe hatte im Laufe des Jahres 1882 Fachvereine ins Leben gerufen. Da aber durch das Sozia­lis­ten­gesetz die Arbei­ter­presse syste­ma­tisch verboten war, so ergab sich daraus die Notwen­digkeit, dass die Gewerk­schafts­or­ga­ni­sation sich eine Presse beschafften, um ihre Inter­essen vertreten zu können.

Im Frühjahr 1884 wurde im Auftrage des Fachvereins der Berliner Maurer ein Fachorgan unter dem Titel „Der Bauhand­werker“ begründet und heraus­ge­geben mit der Erwei­terung, dass alle anderen Bauhand­werker, als Stein­metzen, Stuck­a­teure, Töpfer, Zimmerer usw. an dem Organ mit teilnehmen konnten, wovon auch Gebrauch gemacht wurde.

In dem damaligen Regie­rungs­bau­meister Gustav Keßler fanden die damit beauf­tragte Kommission einen berufenen und tüch­tigen Redakteur, welcher eine geist­reiche, kritische und für die Feinde der Arbeiter spitze Feder schrieb. Nebenbei besass unser Alter ein ausge­zeich­netes Redetalent und verstand es in in volks­tüm­licher Vortrags­weise seine Zuhörer zu fesseln. Nicht lange sollte es dauern, so hatte sich unser „Alter“ bei Unter­nehmer und Polizei durch sein unerschro­ckenes und festes Auftreten für die Inter­essen der Arbeiter, bestens verhasst gemacht. Bekam es doch niemand besser fertig, in zynisch und sozia­lis­ti­scher Weise seinen Gegner in der aller­höf­lichsten Form die ungeschminkte Wahrheit zu sagen und das Gebaren der Unter­nehmer, wie auch die Unter­drückung der Behörden den Arbeitern gegen­über, dadurch öffentlich an den Pranger zu stellen. Bei jedem Schlag, welcher er seinen nun mehrigen Feinden versetzte, traf er den Nagel auf den Kopf; hierbei kamen im seine ungeheuren Kennt­nisse des öffent­lichen Lebens, wie auch der beste­henden Gesetze zu statten.

Während der Lohnbe­wegung der Maurer im Jahre 1885 hatte sich unser Alter einen beson­deren Feind in dem damaligen Baumeister Felisch (Onkel Felisch) geschaffen, mit demselben hat sich unser alter Freund nie aussöhnen können und hat sich diese Fehde noch is in die Neuzeit weiter gesponnen.

Nicht ungestraft sollte unser „Alter“ seine Tätigkeit weiter ausüben. Mit dem verschärften Puttka­mer­schen Strei­kerlass zum Sozia­lis­ten­gesetz kam auch die Rache. Zuerst kam zu Anfang des Jahres 1886 das Verbot über das weitere Erscheinen des „Bauhand­werkers“ und nachdem der „Alte in seiner Findigkeit Ersatz geschaffen, wurde die Strafe verschärft und er sowie die Leiter des Blattes und der Maurer­be­wegung aus Berlin ausge­wiesen und später unter Anklage gestellt. Jetzt atmeten die Unter­nehmer auf, vermeinten sie doch dadurch die Bewegung vernichtet und unserem Alten für immer das Handwerk gelegt zu haben.“ Wie irrig diese Ansicht war, sollten Unter­nehmer und Behörden nur zu bald einsehen.

Schon kurz vor seiner Ausweisung bekannte sich unser „Alter“ öffentlich als Sozial­de­mokrat. Und als ihm nun von Berlin aus nach allen Orten, wo unser „Alter“ sich hinwandte, ein „freier Geleit­brief“ an die dortigen Behörden voranging, hinderte ihn das zwar, sich irgendwo „sesshaft“ zu machen, aber es hinderte ihn nicht, den Bogen ebenfalls straffer zu spannen, um nunmehr seine spitzen Pfeile seinen Gegnern um so tiefer in das feile Fleisch zu treiben. „Der Bauhand­werker“ erschien unter verän­derte Namen weiter, sein Redakteur blieb derselbe „Unver­bes­ser­liche“, ja im Gegenteil, er „verfiel“ sogar insofern, als derselbe auch nun zum Schrecken seiner Feinde und Gewal­tigen auch noch um so ungenierter für den Emanzi­pa­ti­ons­kampf der arbei­tenden Klassen überall wo er hinkam und sich ihm Gelegenheit dazu bot, eintrat.

Die sozial­de­mo­kra­tische Partei hatte in ihm ebenfalls einen ausge­zeich­neten Verfechter ihres Programms gefunden. Sehr wenige waren s damals noch, welche unter den schweren Zeiten des Sozia­lis­ten­ge­setzes mit solchem unerschro­ckenen Mut und ausge­zeich­neter Ausbildung öffentlich für die Partei eintraten.

Was kümmerte es unseren „Alten“, wenn er in irgend einem Ort gedachte sein Stand­quar­tiert aufzu­schlagen, wenn, nachdem er bei der Polizei angemeldet wurde, ihm dieselbe höchst eigen­händig durch einen Konstabler seine eigenen Bitten­texte mit dem Vermerk zurück­schickte, „bedauern sehr, Herr Regie­rungs­bau­meister, für Sie ist hier kein Bett frei.“

„Da pfeift ich drauf“, teilte er oft seinen Freunden in Berlin mit. Und das hat er auch bewiesen.

War es auch nicht sehr bequem für unseren „Alten“, sich so herumjagen zu lassen und war haupt­sächlich für ihn das Fühlungs­be­halten dadurch beein­trächtigt; so kam ihm anderer­seits sein ungemein kräf­tiger Körperbau und gesunder, nie versie­gender Humor sehr zu statten.

Seinen Ranzen gefüllt mit einem Stück Schwarzbrot, Wurst oder Speck, in der Flasche einen guten „Korpus“, damit waren, wenn es nun mal nicht anders ging, für ihn tagelang seine leiblichen Bedürf­nisse befriedigt. Er verstand sich einzu­richten – unserer „Alter. – In dieser Art und in diesem Aufzug hat in mancher Partei­ge­nosse in Deutschland kennen gelernt.

Unser Alter war aber auch Famili­en­vater, er hatte auch selbst bei seinem echten Keßler­leben (der Name stammte von den herum­zie­henden Nomaden, die sich mit Kessel­flicken und dergleichen ernährten), dafür zu sorgen, dass auch seine Kinder (6 Töchter und ein Sohn) nicht darbten, und ist es uns bekannt, dass, trotzdem er selbst häufig nichts zu beißen und zu brechen hatte, doch darauf hielt, wenigstens 100 Mark an seine, an ihm am meisten in kindlicher Liebe und Treue hangenden Tochter Johanna zu Studi­en­zwecken zu senden. In demselben Maße, wie der Vater seine ständige Stätte hatte, so sind auch die Kinder in der Welt zerstreut, und was er nun nicht im engen Famili­en­kreise finden konnte, das schuf und fand er bei seinen Freunden.

Während des Sozia­lis­ten­ge­setzes lebte er nie mit seiner Familie zusammen, konnte es nicht, weil er in keiner Stadt Deutsch­lands länger als denn 4 bis 6 Wochen geduldet wurde; wollte unser Alter also seine Kinder sehen, an denen er mit einer Liebe hing, wie selten ein Vater, dann musste er auch dafür das nötige Geld zusammen sparen, um seinen Kinder­besuch auch zu sich kommen zu lassen.

In der Provinz Brandenburg, Sachsen, den Thürin­gi­schen Staaten, in Hannover, Herzogtum Braun­schweig, ja selbst in München und Nürnberg hatte er seine Ruhe, allerorts jagten und hetzten ihn die Behörden wieder hinaus.

Aber erreicht ist nicht worden, was Unter­neh­mertun und Behörden bezweckten. „Besserung“ trat bei dem alten „Revoluzzer“ nicht ein. Im Gegenteil, manch Schnippchen hat er ihnen geschlagen und sie oft genug genas­führt. Und als nun, wie alles, auch die selige Zeit des Sozia­lis­ten­ge­setzes ihr Ende erreichte, als die „Korri­gie­renden“ überall in Deutschland ihren Einzug in die zwangs­weise aufge­gebene Heimat wieder hielten, da war es auch unser „Alter“, der unver­bes­serlich, aber für seinen Geist und unsere Sache gekräftigt, wieder zurück­kehrte und seine Tätigkeit für beide Richtungen, Partei und Gewerk­schaften, ungeschwächt fortsetzte.

Unser alter Freund war bei der Entwicklung des Partei­pro­gramms mit tätig, gleich­zeitig schrieb er eine Anleitung über das Vereins- und Versamm­lungs­recht (§8  des Pr. B. G. Verbin­dungs­verbot). Eine Anleitung: „Wie gründet man Fachvereine?“, ist sehr viel verbreitet worden.

Die „Geschichte über die Organi­sation der deutschen Stein­ar­beiter“ und die kurze „Geschichte der deutschen Maurer­be­wegung“ sind ebenfalls seiner Feder entsprungen. Die Volks­tri­büne, die 1890 ihr Erscheinen nach Gründung des „Vorwärts“ als Partei-Zentral­organ einstellte, enthielt manch guten Artikel seiner Feder. Auf war er längere Zeit Redakteur des sozial­de­mo­kra­ti­schen Volks­blattes für Teltow-Beskow-Storkow-Charlot­tenburg, wo er auf Grund eines Artikels über die schänd­liche Verprü­gelung arbeits­loser Versamm­lungs­be­sucher im Fried­richshain eine viermo­nat­liche Gefäng­niss­trafe verbüßen musste (Gummischlauch­prozess.) Selbst noch im Jahre 1898, also als ein Mann im 67. Lebens­jahre, machte er Bekannt­schaft mit der Bastille in Tegel, um 1 Monat über seine Rede, die er über die Bedeutung des 18. März in Zeitz gehalten hatte, noch einmal reiflich nachdenken zu können. Alle Straf­ge­fäng­nisse gaben ihn uns neu gestärkt, zu neuem Taten­drange wieder.

Wir sehen unseren „Alten“ auf dem 1. Parteitag im Jahre 1890 als Delegierten für den Wahlkreis Halle-Ascher­selben, für den er lange Jahre kandi­dierte, 1891 in Erfurt, ebenfalls für Goslar.  Er hat außerdem während seiner Ausweisung und nachdem mehrere Wahlkreise agita­to­risch beackert. Überall wo er hinge­rufen und -geschickt wurde, gleichviel ob von Partei der Gewerk­schaften, erfüllte er seine Pflicht in jeder Beziehung; es gibt kein Hindernis, kein Ermüden oder Erschlaffen. Immer wieder neue Anstren­gungen macht er in jeder Beziehung, auf jedem Gebiete. Auf seine Anstrengung wird im Jahre 1893 das Bauar­beiter-Kartell in Berlin gegründet, kurz nach der Gründung wird es erweitert für die anderen Berufe; sodann entsteht aus demselben die heutige Gewerk­schafts­kom­mission. Ebenfalls leitet er die Gewer­be­ge­richts­wahlen für Berlin ein, indem er die erste Agitation dafür betreibt und beleh­rende Vorträge darüber hält.

Er wird populärer Versamm­lungs­redner bei fast allen Gewerk­schaften, Delegierter und Teilnehmer an verschie­denen Gewerk­schafts­kon­gressen. Überall steht unser „Alter“ mit Rat und Tat zur Seite, wo es nur notwendig und darum ersucht wird.

Mitte der neunziger Jahre fängt die Epoche der sich „modern“ nennenden Gewerk­schafts­be­wegung an, indem überall in den Gewerk­schaften die Verbandsform einge­führt wird.

Der „Alte“ erhebt seine warnende Stimme in Wort und Schrift dagegen. Zu derselben Zeit fährt die „akade­mische“ Jugend an, sich in der Partei breit zu machen. Die Neutra­lität in den Gewerk­schaften wird propa­giert und somit eine Trennung in der Gewerk­schafts­be­wegung künstlich herbei­ge­führt; die sogenannte General­kom­mission der Gewerk­schaften Deutsch­lands bildet sich zum Diktator aus und schürt in fanati­scher Verblendung den Hass. Die Trennung wird offen­kundig. Unser „Alter“ steht unentwegt auf seinem Posten und erhebt seine warnende Stimme.

Im Jahre 1897 wird durch eine einge­setzte Kommission in Berlin ein Kongress für all dieje­nigen Organi­sa­tionen nach Halle an der Saale einbe­rufen, welche die Verbandsform nicht anerkennen und die Vertrau­ens­männer-Zentra­li­sation – also politische Gewerk­schaften – wünschen. Unser Alter ist hierbei ebenfalls wieder voran. Die Zentra­li­sation wird begründet in Verbindung mit unserem Organ „Die Einigkeit“. Der Kampf um die Form der Organi­sation soll dadurch behindert werden. Trotzdem die Zentra­li­sation sich ein Programm gibt, welches sich dem der Partei eng ansch­ließt, wird der Bruder­kampf zur vollen Flamme entfacht. Die Zentra­li­sation setzt eine Geschäfts­kom­mission ein, welche mit unserem „Alten“, als Redakteur der „Einigkeit“, in Wort und Schrift für unsere Organi­sation Propa­ganda zu entfalten hat. Der Kampf nimmt immer schärfere Formen an. Und wie es unser „Alter“ vorher gesagt, so trifft es ein; der wirtschaft­liche Kampf tritt bei den Verbänden in den Hinter­grund, dafür wird allerhand Unter­stützung gewähr­leistet, um die Mitglieder der Verbände zu beruhigen und über ihr wirtschaft­liches Elend hinweg zu täuschen. Zu alledem macht sich in der Partei noch die revisio­nis­tische Strömung breit, welche den allge­meinen Brei noch mehr verdichtet.

20 Jahre hat so unser „Alter“ mit uns treu zusammen gearbeitet, Freud und Leid mit uns geteilt. Immer und zu jeder Zeit bereit, mit der ganzen Wucht seiner Bered­samkeit und seines reichen Willens helfend einzu­springen. Sein Wunsch war, die Arbeiter einig im Kampf gegen ihre Unter­drücker zu sehen; er hat sein redlich Teil Arbeit in uneigen­nüt­ziger Weise dazu herge­geben, damit der Plan gelinge. Alle, die mit ihm in diesem Sinne gearbeitet haben, in ehrlicher Über­zeugung, werden sich an der Bahre dieses treuen und über­zeugten Mitkämpfers das Versprechen geben, in seinem Sinne unberück­sichtigt und unentwegt weiter zu arbeiten. Für uns ist wohl unser „alter“ dahin, sein Andenken halten halten wir in Ehren, indem wir das verwirk­lichen, was er durch rastlose Tätigkeit zu erstreben bemüht war.

Fritz Kater und E.T.

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Die Beerdigung unseres „Alten“

des Genossen Keßler, fand am 1. August unter großer Betei­ligung der Gewerk­schafts-Mitglieder unserer Verei­nigung und einer großen Zahl älterer Partei­ge­nossen als Trauer­ge­folge statt. Unter den Leidtra­genden waren unter anderem Mitglieder des Partei­vor­standes, der Reichstags- und der Stadt­ver­ord­neten-Fraktion anwesend.

Kurz nach 1/2 5 Uhr wurde der reich mit Blumen geschmückte Sarg unter den Klingen des Chori­schen Trauer­mar­sches zur Gruft getragen, dem Zug, dem sich zunächst einige Famili­en­mit­glieder, wie Kinder und der Bruder des Verstor­benen, der zurzeit Baupo­li­zeirat in Breslau ist, angeschlossen, folgten dann die bis dahin Spalier­ge­stan­denen Freunde und Genossen. Einen gewal­tigen Eindruck machten die Lieder des Gesangs­vereins der Musik­in­stru­men­te­nar­beiter Berlins, unter dessen Klängen der Sarg in die Gruft versenkt wurde. Der Genosse Kleinlein, der den Kranz der Geschäfts­kom­mission nieder­legte, gedachte in kurzen aber kräf­tigen, zu Herzen gehenden Worten des Lebens und Wirkens des Toten, erhob den schweren Kampf, den der Verstorbene um die Befreiung des Prole­ta­riats gekämpft hat, ganz besonders hervor und betonte ausdrücklich, dass wir uns von der ihm vorge­zeich­neten Bahn nicht abdrängen lassen werden. Als Genosse Kleinlein geendet, traten die Kranz­träger einer nach dem anderen an die Gruft und widmeten dem lieben Toten, manche mit durch Tränen erstickter Stimme die letzten Abschieds­worte und fasst jeder legte offen für sich und seine Auftrag­geber das Gelübde ab, treu und fest die dem Toten entfallene Fahne in seinem Sinne weiter zu tragen. Man sah alte Partei­ge­nossen und Mitstreiter des Genossen Keßler, denen die Tränen durch das weiße Barthaar rollten.

Es türmte sich nun Kranz auf Kranz zu einer wahren Pyramide, die großen roten Schleifen mit entspre­chenden Widmungen wurden vorher von den Kränzen entfernt, um mit einem Wagen nach Drago­ner­strasse 15 bei Patt gefahren zu werden, wo sie bis Montag, den 8. August, ausge­stellt sind. Unter den Klängen der Musik­ka­pelle, die das Lied „Ein Sohn des Volkes soll er sein“ ertönen lies, nahmen die Genossen einzeln von ihrem „Alten“ Abschied.

Der „Vorwärts“ vom Dienstag, den 2. August, sagt am Schluss seiner Bespre­chung dieses Begräb­nisses: „Es war eine einfache und schlichte, aber würdige und gerade durch ihre Einfachheit und den aus hunderten von Arbei­ter­herzen kommenden Worten der Ehrung ergrei­fende Feier.“

Dem schließen wir uns voll und ganz an, in der Hoffnung, dass all die Tausende, denen es nicht vergönnt war, an der Bahre des Verstor­benen persönlich stehen zu können, dasselbe wie wir über den Verlust empfinden und sich, wie wir, jeder einzelne das Gelübde ablegen, treu und fest die von ihm gezeichnete Bahn weiter zu wandeln.

Vertreten waren durch Deputa­tionen oder Vorstände 50 verschiedene Körper­schaften mit Kränzen und roten Kranz­schleifen.

Außer den Vertretern der Berliner Organi­sa­tionen, die der „Freien Verei­nigung deutscher Gewerk­schaften“ angehören, waren der Partei­vor­stand, die Redaktion und Expedition des „Vorwärts“, der Zentral-Wahlverein für Teltow-Beskow-Storkow-Charlot­tenburg, die Partei­ge­nossen des Nieder-Barnimer-Wahlkreises, die Genossen von Welten, die Firma Maurer&Dimmick, vertreten. Die Hanno­ver­schen Gewerk­schaften, soweit dieselben zu uns gehören, sowie der Verband der Bürsten- und Pinsel­macher Deutschland, die Magde­burger Bau- und Erdar­beiter, die Rüders­dorfer und Bernauer Bauar­beiter, die Maurer von Stralsund, von Königsberg in Preußen, von Jüterbog, Groß Lichter­felde, Spandau, Werni­gerode, waren entweder selbst durch Deputa­tionen vertreten oder hatten große Kranz­spenden einge­sandt. Die Bürs­ten­macher von Neu-Ruppin, der Ortsverein der deutschen Metall­ar­beiter-Gewerk­schaft von Quedlinburg, haben auch durch Kranz­spenden ihre Ehrung des Toten bekundet, andere wieder haben, wie die Isolierter und Rohrum­hüller in Leipzig, die Bürs­ten­macher in Cöln usw. durch Telegramme und Briefe ihr Beileid bekundet. Von den Widmungen können wir des Raumes wegen nichts anführen, es genüge eine von der Schleife der deutschen Metall­ar­beiter-Gewerk­schaft:

„Mit allen Pulsen für die Menschheit glühend!

Saß immer mit der Hoffnung am Steuer,

Wenn er auch zürnte, seines Zornes Feuer

Nur gegen Sklaven und Tyrannen sprühend.“

Die Einigkeit, 8. Jahrgang, Nr. 32, – Sonnabend den 6. August 1904

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