“Occupy Your Future”. Zum Erscheinen der 57 Ausgabe der Anarcho-Syndikalist Review (Winter 2012)
Auch im 25.ten Jahr gibt es sie noch, die Anarcho-Syndikalist Review. Und das ist keine Selbstverständlichkeit, wird doch im Vorwort dieser Ausgabe von langer Arbeitslosigkeit oder Überarbeitung des “editorial collectiv” berichtet.
“We publish this journal to reach out to our fellow workers, and join in a conversation about how we can build a new society free of exploitation and oppression.”
Nach einem kurzen Resümee zum Jahr 2011 (2011: Year of Rebellion) wird im editorial kurz auf verschiedene Bewegungen eingegangen (M15, Arab Spring, Occupy Wall Street und Oakland Commune).
In “You Might Say We´re Dreamers” wird auf die rechtsliberale Tea-Party sowie den American Dream eingegangen, während “Wobbles” kurz dies mit der americanischen Realität überprüft: Amerika als Billiglohn-Land, Präsident Obama´s Kampf gegen Immigranten, sowie dem Kampf der kapitalisten Klasse gegen Höhere Löhne und zur Wahrung des
eigenen Wohlstandes.
Die “Syndicalist News” berichten wiederum von den Anstrengungen der Spanischen Anarchosyndikalisten für einen Generalstreik zu agitieren, mit der (Auf-)Forderung, die Kämpfe in den Straßen und um die Arbeit (“On the Job”) und nicht im Parlament zu führen.
Auch der griechische Metallarbeiter Streik und sein über 2 Monate dauernde Kampf kommt nicht zu kurz. Hierbei handelt es sich um eine übersetzte Stellungnahme der syndikalistischen Gewerkschaft ESE.
Weitere kurze Artikel finden sich zu einem “etwas anderen Austauschprogramm” und den Ausbeutungserfahrungen nicht-amerikanischer studentischen Hilfskräfte in Pennsylvania, streikenden Hyndai-Arbeitern und ihre Erfahrung mit polizeilichen Repressalien in Südkorea, sowie dem Mord an Hanjin-Arbeitern in Korea. Aus Guatemala und dem Irak wird von weiteren Repressionen berichtet und über brasilianische und vietnamesische Streikende wird berichtet. Ein kurzer freudiger Bericht über das 110. Jubiläum der FORA Argentiniens
und mexikanischen Solidaritäts-Aktionen für spanische Arbeiter runden das Bild für Südamerika ab.
Doch auch von dem Erfolg der FAU vor der ILO, erneuten Repressionen gegen die ASI Serbien und Aktivitäten der IWW erfährt man.
Ein “Statement of international solidarity with those in Cuba” berichtet von Sozialkürzungen und Repressionen durch die Kommunistische Partei Cubas und betonen, dass auch heute noch
cubanische Genossen in den Gefängnissen sitzen.
In “We are the 99%” und “The Occupy Movement” gehen die Autoren auf die Rolle der Occupy Movement in der amerikanischen Gesellschaft, sowie ihrer Einordnung in und als einer antikapitalistischen Bewegung ein. Auch wird auf die Gefahr einer Verwässerung hingewiesen, als auch angemerkt, dass die Besetzung des öffentlichen Raumes nicht zwingend die sinnvollste Taktik ist. Für die Zukunft der Bewegung werden Ratschläge gegeben:
“We must begin establishing permanent dual-power structures that can supplant capitalism and the state over time, and are prepared to actively resist state repression. Neighborhood assemblies based on core anarchist principles, anti-oppression and non-hierarchy, […] must be startet and cultivated as alternative decision-making structures, so that people no longer have to rely on the police state. (S.15)”
Unter “Greece: Let´s go one step further” wird ein zuerst auf Anarkismo.net publizierter Aufruf wiedergegeben, welcher sich u.a. mit der Situation vor Ort und dem Handeln der KKE/PAME und den Handlungsmöglichkeiten der Libertären auseinander setzt, gar einen “Historischen Scheideweg” (historic crossroad, S.17) ausmacht.
Der Leitartikel “Occupy? Wallstreet? Occupy Your Future” wie auch “Situations, Occupations & Revolution: On Taking Steps Forward to Fight the End of the World” fragen gemeinsam von verschiedenen Standpunkten aus nach der Zukunft der weltweiten Kämpfe und untersuchen Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Arab Springs, der americanischen Bewegung(en) und gehen näher auf die praktischen Tätigkeiten vor Ort ein. Man kommt zu dem Schluss:
“In its most visionary sense, the Occupation Movement is a re-occupation and liberation movement (S.19)”.
In “Lybia, Humanitarian War: A contradiction in terms” wird sich mit der sprachlichen und psychologischen Kriegspropaganda der Nato und einer Einordnung in die Kriegsstrategie des militärischen Schlächterbündnisses beim War on Terror auseinander gesetzt.
In dem sehr lesenwerten Artikel “Anarchist Theory: Use it or Lose it” wird auf die wichtigen und weitreichenden Ansätze libertärer Theorie anhand der Schlagworte “Socialism from Below, The Paris Commune”, “The Russian Revolution”, “Mutual Aid”, und vor allem auch wieder einer Abarbeitung an Marxs Werk eingegangen. In der “Conclusion” kommt der Autor durch die Worte Proudhons zum Schluss:
“What Marx´s book really means is that he is sorry that everywhere I have thought the way he does, and said so before he did. Any determined reader can see that it is Marx who, having read me, regrets thinking like me. What a man!” Much the same can be said of many so-called “Marxist” positions. (S.30)
Ein weiterer für mich spannender Artikel über sogenannten “Grünen Syndikalismus” findet sich mit “Earthworker Cooperativ & the Green Syndicalist Future”, welcher das Zusammengehen von ökologischen und Syndikalistischen Themen fordert und dies auch an praktischen Erfahrungen in Australien veranschaulicht.
In den “Reviews” finden sich Buchbesprechungen zu den Themen Fussball, Radical Economics, die Ernährungskrise, einer Proudhon-Antholigie und nicht zuletzt Milstein´s Ethical Anarchism sowie drei weiterer Erscheinungen.
Abschließen tut die Ausgabe mit Leserbriefen von Lucien van der Walt zur Anarchistischen Geschichte und Jeff Stein zum Marxismus und partizipatorischer Ökonomie.
Der Rezensent empfielt diese in 25 Jahren gereifte Publikation und hofft sie dadurch auch im deutschsprachigen Raum ein wenig bekannter zu machen.